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tony100

Anfänger

  • »tony100« ist der Autor dieses Themas

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Freitag, 1. März 2019, 16:11

Meine Geschichte als Emah-Patient

Hallo,

ich bin 38 Jahre alt und seit Geburt mit einem "nicht gesunden Herzen" unterwegs. Als Oberbegriff wird bei mir immer Shone-Komplex erwähnt.
Ich habe 5 Herz-Ops hinter mir
  • 1980 als Neugeborener
  • 1986 mit 6 Jahren
  • 1992 mit 12 Jahren
  • 1995 mit 15 Jahren
  • 2009 mit 29 Jahren

Die Operationen, die ich als Kind und Jugendlicher hatte, habe ich gut wegstecken können. Klar in der Schule wurde ich bei den Lehrern durch meine Krankheit bevorzugt und vom Sport befreit. Aber das hat mich seelisch nicht belastet.
Die OP 2009 war schon ein Wendepunkt in meinem Leben. Ein Jahr davor hatte ich angefangen, mir Gedanken zu machen, welches Thema ich für meine Diplomarbeit wählen sollte. Ich hatte die Herzkrankheit gut im Griff. Sie beeinträchtigte mein Leben nicht zu sehr. Doch dann fingen im Herbst 2008 Panikattacken an. Mein Herz raste urplötzlich. Meine Emotionen spielten verrückt. Erstmal dachte ich, es wäre psychischer Natur. Bis im März 2009 im Uni Klinikum Münster festgestellt wurde, dass meine Aortenklappe nicht mehr einwandfrei funktionierte.
Eine mechanische Aortenklappe sollte hier Abhilfe leisten. Die Ärzten sagten mir aber aufgrund meiner Vorerkrankungen (4 Ops) wussten sie nicht wie die Vernarbungen waren und wo das Herz genau liegen würde. Ein höheres Risiko war gegeben. Die Ärzte erklärten mir, dass der Eingriff mit Komplikationen verbunden wäre. Sie erklärten mir, dass allein, wenn der Brustkorb geöffnet wird, das Risiko bestehen könnte, das Herz zu beschädigen.
Als Beispiel erklärten Sie mir, ich solle mir vorstellen eine Schüssel zu nehmen. In diese rohe Eier zu legen und mit Zement zu übergießen. Nun soll ich mit Hammer und Meißel versuchen, die Eier unbeschädigt aus dem Zement zu entfernen. :wacko: Das hatte natürlich in mir Zuversicht hervorgerufen! ;(
Letzten Ende bin ich trotzdem das Risiko eingegangen, da ohne Op mir nicht lange vom Leben (6-12 Monate) geblieben wäre.
Zum Glück ist es gut ausgegangen. Dafür danke ich Gott unendlich.
Nach der Op hatte ich einen externen Schrittmacher. Dieser sollte das Herz animieren neue Leiterbahnen zu finden, da beim Aortaklappenersatz wohl der AV-Block beschädigt werden kann. Das hat leider nicht so geklappt, wie sich die Ärzte es sich vorgestellt hatten. Also musste ein Herzschrittmacher implantiert werden. Natürlich hatte ich wieder das immense Glück, dass eine Sonde nicht richtig festgesetzt hatte, wodurch ein erneuter Eingriff nötig war.
Nach dem Aufenthalt im Mai 2009 sollte eigentlich eine ABH stattfinden. Diese wurde mir erstmal ambulant genehmigt, die ich aber nicht so antreten wollte, weil ich mich noch zu schwach fühlte, weil ich im Krankenhaus fast 3 Wochen im Bett gefesselt war.
Aus der ABH wurde im September 2009 eine Reha. In der Reha wurde eine Herzrhythmusstörung festgestellt, wodurch nach der Reha ein erneuter Aufenthalt im UKM nötig war.
Hier wurde eine elektro physiologische Untersuchung durchgeführt. Da konnte man diese Herzrhythmusstörungen hervorrufen. Wodurch dann ein Herzschrittmacher mit Defi implantiert werden musste. Durch die Einnahme von Marcumar / Heparin-Therapie kam es zu einem großen Hämatom. 3 Wochen Aufenthalt hat mich das gekostet. Die Ärzte haben nur gekühlt und von einem erneuten Eingriff abgeraten.
Nach diesem Jahr hatte ich ein paar Jahre Ruhe.
Ich hatte 2010 dann mein Studium als Diplom-Informatiker erfolgreich abgeschlossen und 2011 geheiratet.
2012 eine neue Arbeitsstelle angetreten. Alles verlief gut.
2013 saß ich zu Hause vor meinem PC und meine Brust fing an zu vibrieren. Ich wusste nicht, was das sein sollte. Ich dachte, wenn das Gerät ein Alarm aussenden würde, würde ein Ton erklingen. Also musste ich ins UKM. Da wurde mir gesagt, dass die Vorhofsonde ausgefallen wäre. Ein Eingriff sollte stattfinden. Jedoch nach weiteren Überlegungen, hatten sich meine Ärzte dagegen entschieden, da diese Sonde nicht wichtig wäre und ich auch ohne diese Sonde gut leben könnte. :D
2013 war ich einem Eingriff um Haaresbreite entkommen.
Im gleichen Jahr bin ich Vater geworden.
2015 meldete sich das Gerät noch einmal. Nun musste ein Eingriff vorgenommen werden, da eine Sonde aus der Hauptkammer betroffen war. Der Eingriff verlief ohne Probleme, außer dass sich wieder ein Hämatom gebildet hatte. Ich hatte wieder viel gekühlt und meinem Arm geschont. Nach 2 Wochen durfte ich nach Hause, obwohl die Wunde noch blutete. Zwei Tage später war ich wieder im UKM. Ich bin zu Hause mit einem blutenden T-Shirt aufgewacht. Das Hämatom war wohl geplatzt. Das Altblut hat seinen Weg nach draußen gesucht. Es sah schrecklich aus.
Die Ärzte haben mich ein paar Tage im KH behalten und danach nach Hause geschickt. Ein Pflasterwechsel sollte meine Frau jeden Tag machen, da aus der Wunde noch immer Blut austrat. Leider hörte es nicht auf zu bluten und die Wunde hatte sich entzündet. Es wurde von den Ärzten mit einem Stift geätzt. Aber das hatte nicht geholfen. Also musste ein erneuter Eingriff durchgeführt werden. Dieser verlief leider auch nicht einwandfrei. Das Alt-Hämatom wurde entfernt und ein neues Hämatom hatte sich zum Glück nicht gebildet. Aber dafür trat nun Wundwasser aus der Wunde hervor. 3 Wochen ging das. Die Ärzte waren ratlos und mussten nicht was sie tun sollten. Zum Glück hörte es einfach irgendwann auf und ich konnte nach Hause.
Das ganze hatte mich 5 Monate gekostet. Ich dachte, nun könnte ich wieder durchstarten. Mein Chef war froh mich auch wieder zu haben. Aber lange sollte das nicht währen.
2016 im Oktober hatte ich dann erfahren, dass mein Schrittmacher, der mir ein Jahr zuvor zur Sicherheit implantiert wurde, einen Defekt haben könnte. Das war auch groß in den Medien zu lesen. Die Batterie könne sich innerhalb eines Tages durch einen Kurzschluss entladen, ohne dass man davon was mitbekommen würde. Da ich ein Risikopatient bin und auf den Schrittmacher angewiesen bin, musste bei mir der Schrittmacher ausgetauscht werden.
Dezember 2016 war der Eingriff. Leider wieder mit einem Hämatom. 3 Wochen Aufenthalt im UKM und am 23.Dez entlassen. Weihnachten und Silvester konnte ich mit meiner Familie verbringen. Am Neujahr musste ich wieder ins UKM, weil sich die Wunde entzündet hatte.
Ein erneuter Eingriff war nötig. Dieser verlief diesmal komplikationslos. Nach 10 Tagen war ich wieder zu Hause.
Im Februar 2017 hatte ich dann wieder angefangen zu arbeiten. Mein damaliger Arbeitgeber kannte meine Geschichte und hatte Verständnis. Nun dachte ich, jetzt bin ich über den Berg und ich kann wieder beruflich und privat durchstarten.
Doch schon im Juli 2017 finden die ersten Probleme an. Mir wurde immer wieder schwindelig. Auf der Arbeit oder sonst wo konnte ich nicht lange stehen. Ich musste mich setzen, da meine Beine sonst nachgegeben hätten. Die Symptome wurden im Dezember 2017 stärker, wodurch ich mehrmals krankheitsbedingt ausgefallen bin.
Im Januar 2018 wurde es so schlimm, dass ich mich zurückgezogen habe. Fahren mit Bus und Bahn war nicht möglich. Hatte Panikattacken. Auch mit dem Auto gefahren werden, klappte nicht. Weshalb ich dann von zu Hause gearbeitet hatte.
Im März 2018 bin dann im Treppenhaus kurz ohnmächtig geworden, was dann meine Angst verstärkt hatte. Ich habe dann eigenständig dann eine Reha beantragt, da ich den Zustand nicht langfristig beibehalten wollte. Ich wollte einen Ausweg.
Im Juni 2018 habe ich dann die Reha am Möhnesee erhalten. Zwischenzeitlich wurde ich gekündigt, da ich als Arbeitnehmer für eine 3 Mann Betrieb nicht tragbar war, trotz Schwerbehinderung von 70 GB.
In der Reha wurde dann erheblicher Eisenmangel festgestellt, was aus dem Blutverlust von den Hämorridenleiden und Verzicht aus Fleisch hervorgerufen wurde.
Ich wurde dann in der Reha medikamentös eingestellt und von Woche zu Woche ging es mir besser und schöpfte neuen Mut.
Einen Monat nach der Reha meldete sich das Gerät wieder. Nächste Sonde kaputt. Op wieder nötig. Wieder ein Hämatom nach der Op. 2 Wochen im KH. Die ganze Heilungsphase hatte somit einen Monat im Anspruch genommen. Zum Glück hörte das Bluten aus der Wunde auf und das Hämatom wurde diesmal selbst vom Körper abgebaut.
Ende Oktober 2018 musste ich dann zur einer Belastungserprobung (Teilnahme am Arbeitsleben). Da wurde ich arbeitsunfähig entlassen, aber mit der Voraussicht, dass ich 6-8 Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen könnte.
Seitdem bin ich krank geschrieben. Ich traue mir nichts mehr zu. Weiß nicht, ob ich noch arbeiten kann. Es gibt Tage, da geht es mir super gut. Es gibt aber auch Tage, wo ich irgendwas an meinem Herzen merke, wie ein Herzstolpern oder mein Herz unregelmäßig schlägt und das meinen Tag total beeinflusst. An solchen Tagen bin ich dann nicht mehr fähig was zu tun. Am liebsten würde ich dann im Bett liegen wollen.

Ich weiß nicht weiter. Ich möchte endlich Ruhe. Aber Druck wächst in mir. Ich weiß, dass solange ich fern vom Arbeitsleben bleibe, es schwerer wird wieder Anschluss zu finden.
Desweiteren weiß ich nicht wie lange noch mein Hausarzt mich krankschreiben kann, da die Krankenkasse ihm im Nacken hängt und wissen möchte, warum ich noch immer krank geschrieben ist.
Auf ein Therapieplatz warte ich noch. Habe die Therapeutin gefunden, aber Termine sind noch nicht frei. Ich fühle mich noch nicht bereit zu arbeiten.

Snowflake

kann nicht mehr ohne Board

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Freitag, 1. März 2019, 21:54

""Hallo Toni, mein Gott was hast alles durchgemacht, unglaublich!!! Verliere bitte nicht deinen unsagbaren Lebensmut, du scheinst ein starker, liebenswerter Mensch zu sein. Das du endlich deine Ruhe haben willst ist nur verständlich.Auch dass du Ängste hast ist vollkommen normal. Wer hätte das nicht in deiner Situation?

Viele Grüße und willkommen hier im Forum!!
Tatjana
Liebe Grüße Tatjana


52 Jahre DCM :rolleyes: Patient
0Ktober 18 EF 20%
Februar 19 EF 40%
April 19 EF 40%
Juli 19 46%
Oktober 45%
August 20, 45 %
Mai 21 50%
Ursache unbekannt, am ehesten verschleppte Herzmuskelentzündung

Herzlos

kann nicht mehr ohne Board

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Freitag, 1. März 2019, 22:47

Hallo Tony.

Da sind wir schon 2 EMAH's.
Bei mir wurde 2009 ein angeborener Herzfehler entdeckt, im Alter von 38 Jahren.
Es war eine fehlmündende Lungenvene (Sinus-Venosus-Defekt), welche operativ umgelegt wurde.
Anschließend kam eine Infektion mit Staphylococcus Aureus, 2 Wundresektionen, 2 Ablationen wegen Rhythmusstörungen, Kardioversion und ein abschließender Umbau des kleinen Brustmuskels über das Brustbein.
Aber das sind Kleinigkeiten, im Vergleich zu Deiner Geschichte. Nach 9 Monaten hab ich langsam wieder angefangen zu arbeiten.
Jetzt arbeite ich wieder im Vollkonti-Schichtbetrieb.
Ich würde Dir gerne einen Rat geben, hab aber keinen.
Vielleicht hilft es Dir, über Spaziergänge mit Begleitung langsam eine Steigerung der Belastung zu erreichen?
Lass den Kopf nicht hängen. In einem Forum wie diesem nach Hilfe zu suchen ist jedenfalls schon mal eine gute Idee.

Gruß vom Herzlos
Es trifft gewiß zu, daß die Hoffnung eine Gnade ist. Aber fraglos ist sie eine schwierige Gnade. Sie fordert zuweilen unsere Bereitschaft, auch im Scheitern eine Chance zu sehen, in der Niederlage eine neue Möglichkeit. Vielleicht ist die Hoffnung die letzte Weisheit der Narren.
Siegfried Lenz (*1926), dt. Schriftsteller