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Roxana

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Dienstag, 21. März 2017, 11:23

Liebe Hella,

ich habe jetzt ein paar Tage nachgedacht über deine Worte. Du hast vermutlich recht, ich bin nicht gerade sehr empathisch. Im Grunde wünsche ich mir, dass alles ganz normal ist und verdränge die wahre Situation, solange nichts akut ist. Das war schon am Anfang so. Als wir uns kennenlernten, wollte ich halt all die Dinge machen, die frisch Verliebte so tun, aber das war nicht möglich, weil mein Schatz ja im Krankenhaus lag, und das lies sich nunmal nicht verdrängen. Ich haderte damals schon mit der Situation und konnte es kaum abwarten, bis die Krankenhaus- und Rehazeit endlich vorbei ist. Ich machte mir vor, danach würde alles ganz normal werden - war es auch bis zu einem gewissen Grad. Im Grunde kann ich ja froh sein, dass es ihm so "gut" geht, er hat ja aktuell keine weiteren Beschwerden, die Amiodaron schlagen auch wieder gut an und das Flimmern ist so gut wie weg. Ich sollte dankbar sein, denn es könnte alles noch viel schlimmer sein.

Was das Spenderherz angeht, das wurde damals von den Ärzten als sehr akut dargestellt und auf seine Weigerung hin habe ich auch erstmal mit Akzeptanz reagiert, mir dann aber gedacht: wenn ich das einfach so akzeptiere, dann ist das eigentlich sein Todesurteil und ich würde mir immer vorwerfen, ihn da nicht beeinflusst zu haben, also habe ich ihm dann gesagt, dass ich das so nicht hinnehmen kann. Er bleibt aber bei seiner Meinung, und ich habe das mittlerweile auch akzeptiert.

Ich glaube wirklich, ich habe und zeige zu wenig Verständnis für seine Situation. Das muss und werde ich ab sofort ändern. Ich danke dir für deine Worte, Hella!
Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll.
(Johann Wolfgang von Goethe)

hella

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Donnerstag, 23. März 2017, 23:22

Liebe Roxane!
Du musst dich nicht bedanken und ich habe auch kein Patentrezept. Ich kann nur sagen, wie wir uns da durchwurschteln und ich weiß, wofür ich dem Kerl manchmal sehr dankbar bin und auch, wo ich mich einsam fühle mit dem Zustand, der er nun mal ist. Aber dann muss ich reden. Er tut das auch, halt so in Männerintensität

Bloderweise fehlen 3/4 des Beitrages. So ein Mist. Aber ich geh jetzt schlafen.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

;)

Roxana

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Freitag, 24. März 2017, 11:58

Ich habe nochmal nachgedacht über meinen Wunsch nach Normalität und denke aber, dass wir auch die ein Stück weit leben müssen und könn(t)en. Keine Ahnung, ob das von mir unempathisch oder egoistisch ist, aber ich kann mich nicht komplett auch zur Kranken machen lassen, indem ich das Leben eines Erkrankten führe. Ich bin nunmal körperlich gesund und war auch noch nie physisch krank, vielleicht fällt es mir auch deshalb schwer, mich in seine Lage zu versetzen. Er war aber doch mal gesund und muss doch noch wissen, wie sich das anfühlt und dass man da Bedürfnisse hat. Damit meine ich so "harmlose" Sachen wie z. B. mal meine beste Freundin und ihren Mann einzuladen. Ich kenne meine Freundin seit über 40 Jahren und im Moment hat sie keine Ahnung, wie ich hier eigentlich wohne und lebe, weil sie noch nie bei uns war. Wenn ich es wage, das Thema mal vorsichtig anzusprechen, höre ich nur "im Moment nicht". Klar, jetzt die Warterei auf die PVI und die Ungewissheit, ob sie Erfolg hat, natürlich ist das belastend für ihn, auch für mich. Aber deshalb kann doch die Welt nicht jetzt 2 Monate den Atem anhalten!?

Oder muss ich genau das, wenn ich mit ihm zusammenbleiben will: das Leben einer/eines Kranken (mit-)führen? Wie machen das denn andere Erkrankte mit einem gesunden Partner? Ich würde das tun, keine Frage, aber ich muss einfach mal wissen, worauf ich mich einstellen soll.

Mit ihm darüber zu reden, kann ich mir im Moment gar nicht vorstellen, aktuell redet er schon seit 4 Tagen nicht mit mir, weil er sich über eine Bemerkung von mir geärgert hat. Darum ging es weder um seine Erkrankung noch habe ich genörgelt, ich habe ihn lediglich über einen Sachverhalt informiert, den er schon wieder persönlich genommen hat. Wenn das zur Folge hat, dass er 4 Tage nicht mit mir spricht, wie soll ich dann jemals wirklich wichtige Dinge mit ihm besprechen? Aber ok, das ist halt so ein Ding unabhängig von seiner Herzschwäche und gehört hier wohl nicht her.
Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll.
(Johann Wolfgang von Goethe)

Herzlos

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Freitag, 24. März 2017, 20:55

Hallo Roxana.
Hier schreibt mal das gesunde Pendant der Hella, sprich Ihr Gatte, der Herzlos.
Die Situation, sich als Gesunder in einen Kranken einzufühlen, ist immer schwierig. Wenn man zusätzlich
keine Kommunikationsgrundlage hat, also nicht miteinander spricht/sprechen kann, wird es natürlich doppelt schwer.
Woher soll der eine wissen, was der andere fühlt, was ihn belastet oder sogar verletzt. Das betrifft beide Seiten, den Gesunde
und den Kranken. Da kann eine unbedachte, flapsige Bemerkung schon eine mittlere Katastrophe auslösen, weil sie vielleicht
genau einen wunden Punkt trifft. Man muss reden.
Man muss nicht innerhalb einer Stunde seinen kompletten Gemütszustand und alle Zukunftspläne darlegen, aber wenn es zu
Problemen oder Missverständnissen kommt, muss man offen, ehrlich und ohne Schuldzuweisung darüber reden können.
Vielleicht nicht innerhalb derselben Sekunde, aber spätestens dann, wenn die Gemüter sich beruhigt haben.
Ansonsten wiederholt man vielleicht unbeabsichtigt ein und denselben Fehler immer wieder.
Ein Vorteil, den der Gesunde gegenüber dem Erkrankten hat, er kann alles tun, es aber auch lassen, wie er mag.
Der Erkrankte kann das unter Umständen nicht, er ist durch die Krankheit eingeschränkt und kann es auch nicht ändern,
ob er will oder auch nicht.
Das soll nicht heißen, dass Du dich komplett unterordnen sollst und nur noch das tun, was du mit deinem Partner gemeinsam
schaffen kannst. Aber wenn Dir etwas fehlt, versuche es Ihm zu erklären und überlege Dir, wie deine Bedürfnisse gestillt werden
können, auch wenn er Dir nicht helfen kann (obwohl er es vielleicht gerne würde, sich aber selbst ärgert, weil er es nicht kann).
Ich hoffe, etwas verständlich rübergekommen zu sein.
Gib nicht auf und versuch Dir selbst ab und zu etwas Gutes zu tun.

Liebe Grüße vom Herzlos
Es trifft gewiß zu, daß die Hoffnung eine Gnade ist. Aber fraglos ist sie eine schwierige Gnade. Sie fordert zuweilen unsere Bereitschaft, auch im Scheitern eine Chance zu sehen, in der Niederlage eine neue Möglichkeit. Vielleicht ist die Hoffnung die letzte Weisheit der Narren.
Siegfried Lenz (*1926), dt. Schriftsteller

Peter

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Montag, 27. März 2017, 20:05

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das schreiben soll, aber die Sache mit dem Spenderherzen kann ich schon - zumindest etwas - nachvollziehen.
In meiner schlimmsten Phase habe ich mich in einem Schlaganfallforum angemeldet. Ich wollte eigentlich nur wissen, wie man den Schlaganfall spürt.

Die Mitglieder waren sehr kommunikativ haben mir eine Menge Tipps gegeben. Nur, die Dinge hatten mich in der Form eigentlich nicht interessiert. Etliche Mitglieder haben von Ihrer Reha geschrieben. Ich wollte eigentlich nur hören, dass man nach X-Minuten bewusstlos wird und dann irgendwann komplett einschläft. Denn ich wollte eigentlich nicht "gerettet" werden, um dann Monate zu brauchen, um die geringsten Dinge wieder zu erlernen. Ich habe keinen Blutverdünner bekommen, weil mein Herz strukturell gesund ist. Das Risiko Bluter zu werden ist bei Patienten wie mir höher als einen Schlaganfall zu bekommen. Aber trotzdem habe ich mir immer wieder darüber Gedanken gemacht, da das Risiko mit Rhythmusstörungen 5mal höher sein soll.

Ein Leben mit Schmerzen ist mir seit 40 Jahren nichts Fremdes, wegen einer anderen Sache. Aber ein Leben mit diesen Rhythmusstörungen so wie ich es empfunden habe, waren für mich nicht vorstellbar. Ich habe etliche Male in einem Parkhaus ganz oben gestanden und mir gedacht, dass alles innerhalb weniger Sekunden vorbei sein kann und auch "technische" Möglichkeiten, z.B. in der Schweiz überprüft.

Was ich sagen will ist, dass nicht alle Menschen bereit sind, nach dem Strohhalm zu greifen. Ich hatte eine Tante, die mit 60 an der Hüfte operiert werden soll, was sie ablehnte. Wenn Ihre Zeit gekommen sei, würde sie der Herrgott sowieso holen. Sie ist nie operiert worden und 94 geworden. :D

Was allerdings Deine Vorsicht und Fürsorge angeht würde ich mich anders verhalten. Wegen der ausstehenden PVI Deine Freunde nicht einladen? Bei Deinem Partner scheint es ziemlich zu piepsen. Was ist, wenn eine zweite PVI notwendig ist.
Und welche Ausrede fällt ihm später ein, wenn alles wieder okay bei ihm ist ? Es ist sicher nicht zu Zeit, die geplante Weltreise zu machen, aber etwas mehr Normalität täte gut.
Vergiß nicht zu leben

Wolle

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Montag, 27. März 2017, 21:17

Was allerdings Deine Vorsicht und Fürsorge angeht würde ich mich anders verhalten. Wegen der ausstehenden PVI Deine Freunde nicht einladen? Bei Deinem Partner scheint es ziemlich zu piepsen. Was ist, wenn eine zweite PVI notwendig ist.
Und welche Ausrede fällt ihm später ein, wenn alles wieder okay bei ihm ist ? Es ist sicher nicht zu Zeit, die geplante Weltreise zu machen, aber etwas mehr Normalität täte gut.
Vergiß nicht zu leben
Etwas ähnliches wollte ich auch schon schreiben. Er soll sich der Sache mal stellen und wieder anfangen, zu leben.
Grüße, Wolle

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Meine Gesundheit ist mir zu wichtig, um sie den Ärzten zu überlassen.