Hallo,
vielen Dank für die Aufnahme. Ich stehe seit 2 Tagen komplett neben mir und habe mich registriert, weil ich irgendwo mit jemandem reden muss. In diesem Forum wird so nett und menschlich miteinander geredet, da hab ich gedacht, ich trau mich mal. Mein Mann versteht meine Ängste nicht oder hat selber solche Angst, dass er sehr brüsk reagiert und mich noch trauriger macht. Er kann mich nicht weinen sehen und ich kann nicht aufhören, zu weinen. Ich bin 44 Jahre alt und habe 3 Kinder, das jüngste ist 6. Ich versuch mal meine Geschichte kurz und bündig aufzuschreiben.
Ich wurde im April mit starken Atembeschwerden und Luftnot nachts ins KH eingeliefert, festgestellt wurde ein irrsinnig hoher Blutdruck und Puls. Ich hatte schon ein paar Wochen davor gemerkt, ich bin nicht fit. Hatte auch öfters mal ein pochendes Herz aber ich dachte, ich bin wieder erkältet.
Im KH bekam ich Medikamente und habe mich am übernächsten Tag selber entlassen, weil mein Mann auf Geschäftsreise in den USA weilte und ich auf die schnelle niemanden organisieren konnte, der sich richtig um die Kinder kümmert, die verständlicherweise wegen dem Notarzt und der Mutter die nachts nach Luft japsend auf dem Badewannenrand sass auch total von der Rolle waren. Kam einfach alles zusammen, Mann in den USA, Freundin in Urlaub, Nachbarin frisch entbunden, Oma nicht reisefähig und ich bekam keine Luft mehr, toll.
Danach war ich bei einer mir neuen Hausärztin, die mich zu Recht anmeckerte, aus dem KH rausgegangen zu sein. Mir gings immer noch schlecht, aber etwas besser. Dafür ließ sie ihre Verbindungen spielen und ich bekam am selben Tag einen Termin bei einem sehr netten Kardiologen. Ergebnis: Pro BNP bei 900, Puls bei 70, Blutdruck viel zu hoch mit 170/100. Herz vergrößert, Klappeninsuffizienz links wegen der Vergrößerung, EF bei 45%. Herzinsuffizienz. Er verschrieb mir Metoprolol und Valsartan und sagte, ich hätte eine gute Chance, wieder gesund zu werden (was ich nicht verstehe, denn HI ist nicht heilbar? Aber das wusste ich da noch nicht). Er tippte auf eine nicht richtig ausgeheilte Herzmuskelentzündung (ich war im Winter sehr lange und sehr stark erkältet) und schickte mich nach hause.
Ich hab die Medikamente diszipliniert eingenommen, habe jetzt einen konstant normalen bis optimalen Blutdruck. Der Betablocker drückt den Puls runter, klappt nicht immer, aber meistens. Oft liegt er jetzt zwischen 55 und 60, nie höher als 70. Ich finde ihn unangenehm, weil ich immer das Gefühl habe, der blockiert das Herz so fühlbar und zieht es so runter(haha, genau das tut er ja) aber ich nehm das Zeug jetzt erstmal.
Luftnot habe ich so gut wie keine mehr, auch nicht, wenn ich mich belaste. Ich versuch jeden Tag auf den Heimtrainer zu gehen und Sport zu machen. Leider habe ich keinen mit Wattanzeige aber ich radel mit 70-75 Umdrehungen bei mittlerer Stufe (schätze, 100 Watt?) und mach das so 35-40 Minuten, mehr könnte ich, will ich aber meinem Herzen momentan nicht zumuten. Ein bisschen Übergewicht habe ich leider auch, es sind aber seit April schon 10 kg runter, bestimmt auch durch die Entwässerung.
Ich war soweit zu denken, ok, es läuft nicht mehr alles optimal, aber wer stirbt schon gesund? Bist du eben nicht mehr sooo belastbar, aber du machst jetzt mehr Sport, nimmst weiter ab und versuchst die EF wieder etwas zu erhöhen durch konsequentes Herz-Kreislauftraining und dann wirst du trotzdem 70 oder 65, siehst deine Kinder groß werden und bekommst eventuell sogar noch Enkelkinder mit, also alles gut, weil, auf den Mount Everest wollte ich sowieso nicht mehr. Ein schattiges Gartenplätzchen würde mir als Abenteuer reichen.
Bei der nächsten Kontrolle Anfang Juli wurde mir wieder Blut abgenommen, Ergebnis Pro-BNP lag bei 35. Der Kardiologe sagte, er wüsste selber nicht, was er davon halten soll. Wir sollten uns freuen, aber erstmal auf dem Teppich bleiben und Ende August nochmal Ultraschall und BNP messen. Meine Frage, ob der Test falsch sein könnte sagte er nein, manchmal würde das Blut zu lange gestaut (was aber nicht der Fall war, ging ganz schnell die Blutabnahme) und das könnte eventuell ein wenig verfälschen, aber nicht SO.
Ich bin nachhause und war so erleichtert, dass sich trotz der HI doch sowas wie ein guter Verlauf abzuzeichnen schien. War fröhlich, guter Dinge, hab gedacht, es wird alles halbwegs gut.
Dann hab ich mich weiter im Internet getummelt und durchgelesen, was ich alles noch tun kann, damit es weiterhin gut bleibt und stiess dabei auf die Mortalitätsrate bei Herzinsuffizienz. 50 Prozent aller HI-Patienten sind 5 Jahre nach Diagnose tot. Die Hälfte. Tot. Tot, tot, tot. Dann wäre ich 49, meine Kinder noch nicht wirklich flügge, das jüngste 11. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich denke nur noch daran, dass egal was ich mache, ich keine Chance habe. Ich bin irgendwie total zusammengebrochen - ich hätte mich seelisch für stärker gehalten, aber ich bin es nicht. Ich bin in so einer Abwärtsspirale drin, denke nur noch an diesen einen Sch*iss-Satz, den ich wünschte nie gelesen zu haben. Ich weine, weine, weine. 5 Jahre sind nichts. Wegen einer Erkältung im Winter war es das jetzt? Ich war immer gesund. In 5 Jahren bin ich tot. Die Kinder sind Halbwaisen. Ich kann nur noch so denken und möchte mich gegen diese Gedanken wehren aber ich kriegs nicht hin. Meinem Mann (wirklich, ein ganz Lieber und der Beste sonst, immer !) kann damit nicht umgehen und wird sauer und sagt, er verbietet mir, im Internet zu lesen.
Aber wo kann ich hin mit meiner Angst, ich kann doch nicht auf eitel Sonnenschein machen wenn ich mich fühle als wär über mir die schwärzeste Nacht reingebrochen. Meine Ma sagt, ich brauche psychologische Unterstützung, aber die gibt es hier nicht, alle ausgebucht, Minimum ein halbes Jahr Wartezeit. Ich weiß, dass ich hysterisch bin und finde mich selber blöd dabei aber es ist wie eine Lawine, die mich überrollt. Der Kardiologe ist bis Mitte August im Urlaub, dann habe ich wieder einen Termin.
Es tut mir leid, dass ich den ganzen Driss bei euch abgeladen habe. Aber es tat gut, es aufzuschreiben.
Vielen Dank fürs Zulesen, Maria
April 2018: Zusammenbruch nach monatelang verschleppter Erkältung, EF 40-45 %, stark vergrößertem Herz und akuter Luftnot, pro-BNP ~900, Klappeninsuffizienz
Juli 2018: Herz bereits etwas verkleinert, pro-BNP bei 35
August 2018: EF neu vermessen: 68%, Herz fast Normalgröße
Januar 2019: Ef 65 %, Herz Normalgröße, keine Klappeninsuffizienz
September 2019: EF 70 %, Herz Normalgröße, pro-BNP bei 21