Hallo liebe Herzkrank-Boarder!
Nachdem ich einige Monate hier immer wieder mit gelesen habe, denke ich, dass es an der Zeit ist mich und meine Herz-Geschichte auch mal vorzustellen.
Mein Name ist Thomas, ich bin 40 Jahre alt und lebe mitten im schönen Ruhrgebiet ;-)
Angefangen hat meine Krankengeschichte im letzten Dezember, als ich an einem ganz normalen Morgen plötzlich Blut gehustet habe. Also bin ich mal nicht zur Arbeit sondern doch lieber zum Arzt gefahren. Das es von da aus nur ins Krankenhaus gehen konnte, war mir sofort klar. Das es quälend lange 16 Tage dauern würde, wusste ich glücklicherweise vorher nicht. Nun ja, die diversen Untersuchungen kennt ihr ja alle, das kann ich mir sparen.
Am Ende gab es dann folgende Diagnosen:
Globale Herzinsuffizienz NYHA III ( DCM - Verdacht auf Zustand nach Myokarditis )
Dilatation aller Herzhöhlen EF deutlich unter 25% (genauer wollte man es mir nicht sagen)
Lungenembolie mit Infarktpneumonie
Und damit waren all die Themen auf dem Tisch, die einem so richtig schön auf's Gemüt schlagen können: Myokardbiopsie, ICD, Herztransplantation...Es begann die Achterbahnfahrt der Gefühle, an denen zwar auch mein Kopf, vor allem aber die, meiner Meinung nach teilweise unbedachten, Äußerungen meiner Ärzte schuld waren. Eigentlich ging es mir von Kontrolle zu Kontrolle besser...
Dezember: EF unter 25%, ihnen hilft wahrscheinlich nur eine Htx.
Januar: wenn überhaupt eine winzige Verbesserung, nicht in % auszudrücken. Langfristig hilft ihnen nur eine Htx, auf jeden Fall ein ICD notwendig
Februar: Verbesserung auf 32 %, ICD auf abwarten gestellt, keine Htx-Listung
März: Verbesserung auf 38% kein ICD nötig, Htx nicht mehr Thema
Juni: weiterhin stabil 38%, Herz ein wenig kleiner geworden, nur noch der linke Ventrikel stark dilatiert, kein ICD nötig, Wiedereingliederung ins Arbeitsleben, Kontrollinterval auf 6 Monate erhöht. Super....Soweit...Aber dann...
Einen Tag später steht im Arztbrief dann auf einmal, Überstellung der Unterlagen an die Charite Berlin mit Frage nach einer Myokardbiopsie und Überprüfung zur möglichen Htx-Listung. Mein Arzt erzählte mir dann was von Plan B, den er gerne hätte, falls es mir irgendwann schlechter gehen würde und das könne ja jeden Moment soweit sein. Man würde da ja nicht drin stecken. Ein größerer Infekt und es ist soweit. Er hätte gerne mehr Sicherheit für mich (eigentlich aber nur für sich, davon bin ich mittlerweile überzeugt).
Das er mir damit eine Höllen-Angst gemacht hat und mir mein hart (wirklich sehr hart) erarbeitetes neues Vertrauen in meinen Körper und zu meinem Herz mit einem Schlag genommen hat , scheint er nicht bedacht zu haben. Es wäre doch gar nicht so schlimm auf so einer Liste zu stehen. Und die kleinen Magen- Darm und sonstigen Spiegelungen könne man doch einfach mal machen lassen. Von meiner extremen Zahnarztphobie mal ganz abgesehen, finde ich die Vorstellung eines solchen Untersuchungsmarathons nicht wirklich angenehm. Vor allem weil es mir eigentlich fast besser geht als vor der Krankheit. Ich habe aufgehört zu rauchen, trinke keinen Alkohol mehr, habe 10 Kilo abgenommen und bin im Durchschnitt in den letzten 4 Monaten 5 km pro Tag gewandert. Meine weiteste Wanderung war 16 km am Stück, braucht man da ein neues Herz???
Anfang Juli bekam ich dann einen Brief mit der Einbestellung in die Charite Berlin zur Myokardbiopsie. Keine Wort über wie und warum, über Sinn, Zweck und Risiko. Auf Nachfrage in der Charite erhielt ich nur die Auskunft: Mein Professor hätte bei ihrem Professor angefragt und ihr Professor würde das schon nicht ohne Grund so entschieden haben. Punkt! Ob ich den angebotenen Termin denn jetzt bestätigen wolle, oder was. Ich habe den Termin nicht bestätigt! Seitdem fühlte ich mich schon wieder ein wenig besser.
Den größten Schub für mein Wohlbefinden und eine Bestätigung dafür, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, bekam ich einen Tag später. Ich erinnerte mich, dass meine Krankenkasse einen echt tollen Service anbietet. Man kann dort seine Probleme und Sorgen vortragen und wird, wenn es für nötig befunden wird mit einem Facharzt verbunden. Mich hat kurze Zeit später ein ehemaliger Kardiologe aus dem Herzzentrum Hamburg zurück gerufen und mir in einem 45 minütigem Telefonat in aller Ruhe so einige grundlegende Sachen erklärt. Das war das beste Ärztegespräch, dass ich seit Dezember geführt habe. Er hat mich mehr als beruhigt. Seiner Meinung nach gäbe es nicht den geringsten Anlass zu denken, dass ich morgen früh mit einem akuten Stadium IV wach werden und ein neues Herz benötigen könnte. Das passiere bei nicht-ischämischen DCM Patienten eigentlich nie. Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn sich mein Herz noch weiter erholt hätte anstatt nur stabil zu bleiben, aber es könne trotzdem auch nach 6 Monaten noch weiter zu Verbesserungen kommen. Die Myokardbiopsie würde vor allem dazu dienen, abzuschätzen ob noch eine Verbesserung zu erwarten ist, oder eben nicht. Das könne man aber genauso gut bei den nächsten Echos sehen. Er wüsste selber nicht ob er sich an meiner Stelle im Moment für eine Biopsie entscheiden würde, weil helfen bzw. meine Therapie beeinflussen würde es höchstwahrscheinlich nicht. Ich solle mich da zu nichts drängen lassen. Und ob man in einem solchen Fall eine Prognose überhaupt haben will, sei immer noch Sache des Patienten und nicht Frage des Sicherheitsbedürfnisses meines Arztes. Und wenn es einem irgendwann so richtig übelst gehen und das Herz aufgeben sollte, wäre die Zeit auf der Warteliste das aller geringste Kriterium bei der Organvergabe. Da würden sich viele Ärzte falsche Vorstellungen von machen. Es gäbe bei mir wirklich keinen Grund zur Panik.
Zum Thema Infekt wusste er noch zu sagen, dass ein DCM-er natürlich nicht so viel Herzresrve hat, die Gefahr sich einen solch schlimmen Infekt einzufangen sei aber genau so groß wie für alle anderen. Wir müssten nur besser als die "Normalen" auf unsere Körper aufpassen und frühzeitig mit schweren Geschützen anrücken, wenn etwas auch nur ansatzweise nicht stimmt. Dafür sollten unsere Ärzte aber automatisch sorgen. Also Impfen lassen und im Fall der Fälle Antibiotika & Co statt Homöopathische Zuckerglobuli.
Offensichtlich hätte man mich deutlich besser Aufklären können....das hätte mir sooviel Nerven erspart.
Als Konsequenz aus der Geschichte habe ich mir einen Termin für ein neues Echo im Oktober bei dem Arzt besorgt, bei dem ich mir im Februar eine Zweitmeinung eingeholt hatte. Da fühlte ich mich eigentlich ganz gut aufgehoben. War dann aber doch wieder in mein behandelndes KH zur Kontrolle gegangen, aber ich habe das Gefühl, dass die mich dort nicht mehr wiedersehen werden. Es sei denn sie belegen noch ein Zusatzseminar in Psycholgie. Bis dahin versuche ich mich wieder zu entspannen und mein Vertrauen in mich zurück zu gewinnen.
So, jetzt habe ich euch mit mächtig viel Text überhäuft. Soll (hoffentlich) nicht wieder vorkommen, aber da hatte sich in den letzten Tagen so einiges auf meiner Seele angehäuft, das musste einfach mal runter. Vielleicht ist für den ein oder anderen ja auch ein beruhigender, positiver Aspekt mit dabei.
Vielen lieben Dank fürs lesen! Es ist echt super, dass es dieses Forum und damit Euch gibt.
Bis demnächst!
Liebe Grüße
Thomas