Liebe Hella,
dass du schreibst, du seiest nicht reparabel, macht mich gerade unheimlich traurig. Ich wünsche dir, dass du noch lange, lange Zeit mit deinem Mann hast. Dass ihr euch hier im Forum gefunden habt, finde ich sehr schön.
Ja, das mit dem Reden ist echt schwierig bei uns. Manchmal geht es, manchmal streiten wir, aber oft reden wir einfach nicht, nicht über die Herzschwäche und auch sonst über nichts, was irgendwie heikel ist, obwohl es da mehr als genug gäbe im Moment. Richtig heftig haben wir gestritten, als er im letzten Jahr sagte, ein Spenderherz käme für ihn nicht infrage. Zwei Ärzte hatten ihm gesagt, dass er sich mit dem Gedanken anfreunden soll, jetzt ist davon ja keine Rede mehr. Aber dass er das so ablehnte, ohne sich zu informieren, ohne überhaupt mal darüber nachzudenken, fand ich schon sehr krass.
Er ist eigentlich zwar ein kommunikativer Mensch, er spricht auch über die Herzschwäche und gibt bereitwillig Auskunft, wenn ihn jemand fragt, wie es ihm geht - aber er spricht nie oder nur sehr selten darüber, wie es eigentlich in ihm aussieht, was er für Ängste hat, welche Gedanken er sich macht und über seine Sorgen, die er sicherlich mit sich herumträgt. Mit mir nicht, und auch mit niemandem sonst. Ich habe ja Kontakte und kann bei Freunden mein Herz ausschütten, wenn es mal überläuft, wobei auch das nicht häufig vorkommt. Mir ist klar geworden, dass ich das alles stark verdränge, wenn nicht gerade irgendwas akutes passiert, so wie letzte Woche.
Und vielleicht habe ich auch das Gefühl, zu kurz zu kommen und nicht gesehen zu werden. Ich bin selbst nicht gesund, habe Depressionen und ein Burnout, bin seit Juli letzten Jahres arbeitsunfähig, ohne Tabletten geht bei mir auch nichts. Aber wenn ich es mal wage, darüber zu sprechen, dass es mir nicht gut geht, höre ich nur, ich soll öfter rausgehen und das wäre ja alles Kleinkram. Mein Bedürfnis nach mehr Kontakten wird ignoriert und der Sex wurde jetzt auch eingestellt. So, jetzt ist es raus.
Ich habe wirklich viel Verständnis für ihn, war von Anfang an für ihn da, aber ich habe den Eindruck, außer Arbeit und der Krankheit ist für ihn nichts mehr von Interesse. Und ich weiß nicht, wie ich ihn da rausholen kann, weil Gespräche schnell dazu führen, dass er sich beleidigt zurückzieht. Ich fühle mich so oft in der Zwickmühle: sage ich was, ist es verkehrt, aber nichts zu sagen ist auch nicht richtig.
Oft denke ich, ich muss einstehen für das, was ich will, aber seine Reaktion macht es mir schwer und immer öfter schweige ich lieber, als schlechte Stimmung zu riskieren. Wobei meine Stimmung eigentlich immer schlechter wird, aber auch das verschweige ich. Ist ja nur Kleinkram.
Versteht mich bitte nicht falsch, er ist der liebste Mensch der Welt und meint das alles nicht böse, aber oft kann er einfach nicht aus seiner Haut. Er ist auch nicht gerade beziehungserfahren, er hat lange Jahre seine Eltern nacheinander gepflegt, da war weder für Freunde noch für eine Beziehung Zeit, daher ist er auch so ohne jegliche Kontakte. Ich hatte gedacht, mein Freundeskreis und meine Familie wären eine Bereicherung für ihn, aber am liebsten wäre es ihm wohl, es gäbe nur uns beide.
Sorry fürs Jammern, aber das musste jetzt mal raus.